Offener Brief an Bundesagrarminister Christian Schmidt

Sehr geehrter Herr Bundesagrarminister Christian Schmidt, mit allem Respekt, aber spätestens nach Ihrer jüngsten Entgleisung zu Schweinefleisch sind Sie (nicht nur) für mich ein Idiot. Wenn man nämlich wie Sie in einer Materie mit angeblichem Fachwissen glänzen möchte, dann muss man diese Materie auch richtig verstehen UND das nach Außen zumindest ansatzweise vermitteln können. Wenn man dieses jedoch überhaupt nicht kann, ist man kein Profi in der zugrunde liegenden Materie, sondern höchstens wenn überhaupt mit gutem Willen/mit Ach u. Krach so gerade noch wahrgenommen ein Laie. Und was ist letztendlich ein Laie? 😉

Dazu gibt es eine klare Definition. Auf Wikipedia heißt es hierzu in der Rubrik Etymologie und Begriffsgeschichte bspw.:

„Das Wort leitet sich vom griechischen ἰδιώτης (idiotes) her,[1] das wertfrei bis heute in etwa „Privatperson“ bedeutet. Es bezeichnete in der Polis Personen, die sich aus öffentlichen-politischen Angelegenheiten heraushielten und keine Ämter wahrnahmen, auch wenn ihnen das möglich war.

Ins Lateinische als idiōta entlehnt, verschob sich die Bedeutung des Wortes hin zu „Laie“, auch „Pfuscher“, „Stümper“, „unwissender Mensch“[2]. Später wurde der Begriff allgemein auf Laien oder Personen mit einem geringen Bildungsgrad angewandt.

Nikolaus von Kues (Cusanus) lässt in einigen seiner späteren Schriften eine idiota genannte Hauptfigur, die als Laie bzw. Nicht-Spezialist gekennzeichnet wird, die eigentliche im Text entwickelte Position vortragen, teilweise im Gespräch mit unterschiedlichen Gelehrten. Ähnlich wie andere Renaissance-Theoretiker wendet sich Cusanus damit implizit, andernorts auch ganz explizit, gegen die theoretischen Spitzfindigkeiten scholastischer Spezialisten: „A dialecticis libera nos, Domine“ (deutsch: „Befreie uns, Herr, von den Dialektikern“), heißt es in seiner Verteidigungsschrift De docta ignorantia.[3]“ – Anm. hierzu: Es ist gut zu wissen, was Worte bedeuten! 😉

Sie waren in Ihrer Werbekampagne für Schweinefleisch sogar widersprüchlich. Zum einen billigen Sie in Ihren Ausführungen zu Schweinefleisch dem Deutschen Verbraucher einen eigenen Willen zu, um diesem anschließend die Fähigkeit dafür, eigenständige Entscheidungen zu treffen, wieder abzusprechen. Es sei trotz als Produktnamen etablierter Verwendung des Wortes Vegetarisch u. etwaiger Abwandlungen dessen angeblich nicht erkennbar, wenn ein vegetarischer Wurstersatz keine echte, aus Schweinefleisch bestehende Wurst sei. Nur, braucht der Verbraucher einen Anfänger in der Materie öffentliche Vermarktung v. Schweinefleisch, der ihm an die Hand nimmt, die selbständige Erkennung/Unterscheidung v. Worten u. Inhaltsangaben in Lebensmitteln abspricht, nur um ein Produkt unter vielen ohne weitergehende Fachkenntnisse laienhaft regelrecht aufzudrängen?

Sie machen Ihre Werbung für Schweinefleisch leider ohne wirkliche Argumente dazu zu nennen, warum denn bitte schön der Deutsche Verbraucher mehr Schweinefleisch als zuvor essen sollte. Dabei tun Sie so, als sei Schweinefleisch in Kantinen die Nahrung schlechthin. Sie führen in Ihrer Argumentation neben Hasskritik an veganer Ernährung zusätzlich Glaubensfragen an und ignorieren dabei, auf was für einen Kern diese eigtl. zurück gehen. Zum besseren Verständnis sei Ihnen eine Veröffentlichung der Diplom-Biologin Sybille Möckl nahegelegt, die ich der Ausführlichkeit halber selbstverständlich nicht Ihnen vorzuhalten gedenke.

„Zuallererst: Nein, ich bin kein Vegetarier. Und auch nicht auf dem Weg dorthin. Aber ich versuche, wenig und vor allem hochwertiges Fleisch zu essen.

Denn noch immer vertilgen die Deutschen viel zu viel Fleisch. Rund 60 Kilogramm sind es im Schnitt pro Jahr. 85 Prozent der Bevölkerung haben täglich Fleisch auf dem Teller. Diese Menge ist extrem ungesund: Sie belastet Herz und Gefäße und erhöht das Risiko, an bestimmten Krebsarten zu erkranken.

Zu viel Cholesterin und Fett

Da ist es doch ein Segen, wenn Kitas und Schulen Schweinefleisch von den Tellern der Kinder verbannen. Dabei ist es egal, ob sie das nun aus religiöser Rücksichtnahme oder sonst einem Grund tun.

Vor allem, weil Schweinefleisch das qualitativ minderwertigste Fleisch ist, das es auf dem deutschen Markt gibt. Das ist nicht meine Meinung, sondern das sind Fakten:

  • Schweinefleisch – vor allem das aus Massentierhaltung – ist häufig vollgepumpt mit Antibiotika und Wachstumshormonen. Diese wirken auch auf unsere Körperzellen und fördern Entzündungen.

  • Massentierhaltung und Akkordschlachtung sind ethisch absolut fragwürdig.

  • Schweinefleisch gehört zu den fettigsten Fleischsorten. Es lagert Fett im Gegensatz zu anderen Sorten sogar innerhalb der Zellen ein und nicht nur im Fettgewebe.

  • Außerdem hat es einen hohen Cholesteringehalt und fördert Arteriosklerose.

  • Da das Eiweiß im Schweinefleisch dem menschlichen Protein sehr ähnlich ist, erkennt es unser Abwehrsystem nicht als Fremdkörper. So gelangen auch die ungesunden oder giftigen Inhaltsstoffe leicht durch die Darmwand in unser Lymphsystem und ins Blut.“

Desweiteren verweise ich auf eine etwas zurückliegende Studie des National Cancer Instituts in den USA – siehe dazu Süddeutsche.de.

„Mehr als 500.000 Amerikaner hat ein Forscherteam vom National Cancer Institute in den USA im Jahr 1995 nach ihren Ernährungsvorlieben gefragt. Dann wurde ihr Schicksal mehr als zehn Jahre lang verfolgt. In dieser Zeit zeigte sich: Wer besonders viel rotes Fleisch (von Rind, Schwein, Lamm oder Ziege) sowie verarbeitete Fleischprodukte wie Würstchen isst, hat bei gleichem Alter, gleichen Rauchgewohnheiten und auch sonst ähnlichen Eigenschaften ein 1,3-fach so hohes Risiko zu sterben wie jemand, der besonders wenig davon isst.“

Ich frage mich hier zugegeben ein ganz klein wenig sarkastisch, wie würden Sie vergleichbar zu Ihrem Kreuzzug pro Schweinefleisch in der Öffentlichkeit wenig ausführlich bzw. postfaktisch im Buch- und Zeitschriftenhandel dem Deutschen Verbraucher Literatur empfehlen? Wie parallel dazu zusätzlich noch Autos, Energieträger, Lebensversicherungen, Elektrogeräte, Urlaubsreisen usw. vorstellen?

Es bleibt Ihnen unbenommen, auch weiterhin Schweinefleisch bis zum Abwinken zu essen, aber dann erwarten Sie nicht v. anderen Verständnis für Ihren leicht erkennbar ungesunden Lebensstil… Anderen ist ihre Zeit dafür einfach viel zu kostbar, um diese mit unverlangt aufgezwungenen groben Unfugs zu verschwenden! 😉

Vielen Dank

 

Die Administration

Artikelbild v. JNLLizenzbedingungen



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